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Mein Tod gehört mir 13 лет назад


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Mein Tod gehört mir

Die letzten beiden Wochen seien Wahnsinn gewesen, sagt Johann B. Täglich seien Leute gekommen, das ganze Dorf. So viel Freundschaft. So viele gute Gespräche. Er habe sich von allen verabschiedet. Und sei immer ruhiger geworden. Keine Angst, höchstens ein bisschen nervös sei er, dass alles so klappt, wie er es vorhabe: die weite Fahrt, 600 Kilometer in die Schweiz; die letzte Untersuchung beim Arzt; und dann der Schlussakt in der Wohnung der Sterbehilfeorganisation. Dort wird er ein tödliches Medikament einnehmen und sterben. Das Taxi ist bestellt, für morgen. Johann B. ist einer der vielen schwer kranken Menschen aus Deutschland, die jedes Jahr die letzte Reise in die Schweiz antreten. ----- Alle drei Tage fährt ein Mensch aus Deutschland in die Schweiz, um sich selbst zu töten. Es sind Verzweifelte, die Hilfe beim schwierigsten Grenzüberschritt suchen: beim Gang in den Tod. Wer sterben will, ist in Deutschland mit seiner Entscheidung, seiner Angst und vor allem bei der Tat fast immer sehr allein. In unserem Nachbarland ist die Sterbehilfe erlaubt. Allein beim Verein Dignitas meldeten sich im vorigen Jahr etwa 120 Deutsche, um einen Todestrunk mit dem Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital zu sich zu nehmen. Seit fast zehn Jahren geht das so; die Entrüstung hierzulande hielt sich in Grenzen. Nun aber haben zwei Ereignisse für Aufregung gesorgt. Zwei Deutsche nahmen sich in einem Campingwagen auf einem Schweizer Parkplatz mit Medikamenten von Dignitas das Leben. Der Verein hatte den makaber anmutenden Ort mit Schwierigkeiten bei der Anmietung von Räumen begründet. Kurz danach kündigte Dignitas an, in Deutschland selbst einen Präzedenzfall für die Sterbehilfe schaffen zu wollen. Nun fordern in seltener großkoalitionärer Einigkeit CDU und SPD ein Verbot von Sterbehilfeorganisationen. Eine Partei mit christlichem Anspruch muss sich auch dem Freitod und der Hilfe zum Freitod widersetzen. Vom Judentum haben die Christen die - den heidnischen Griechen und Römern völlig fremde - Haltung übernommen, dass jedes Leben heilig sei. Und zwar deshalb, weil es Gott gehört. Der einzelne Mensch ist nicht Herr über sein Leben. Es steht ihm nicht zu, es eigenmächtig zu beenden. Dies wäre im Wortsinn Selbst-Mord, und die Sterbehilfe demnach Beihilfe zum Mord. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen einem religiösen Gebot und dem Strafrecht eines modernen, weltlichen Staates. Um das zu begreifen, muss man nicht erst auf die Scharia im Islam verweisen. Der Selbstmord ist für gläubige Juden, Christen und Muslime eine Sünde. Strafbar ist der Suizid in Deutschland aber nicht. Damit ist auch Beihilfe zum Selbstmord nicht strafbar. Dagegen ist jede aktive Sterbehilfe in Deutschland nicht erlaubt. Sie sei mit Artikel 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar, der die Würde des Menschen für unantastbar erklärt, so der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. "Erst recht ist ein geschäftsmäßiges Betreiben von Sterbehilfe unzulässig." Der Hinweis auf das Geschäft mit dem Tod verwirrt nur - und soll verwirren. Umsonst ist nicht einmal der Tod. Wäre Sterbehilfe legal, wäre es auch legal, für die nötigen Mittel und Dienste Geld zu nehmen. Ein Geschäft muss das nicht sein. Im Kern geht es in der Tat um die Würde des Menschen. Gehört es nicht zu dieser Würde, selbst bestimmen zu dürfen, wann man sein Leben beenden will? Gehört es nicht zu dieser Würde, ein Hindämmern in Schmerzen und Windeln vermeiden zu dürfen, wenn man dies will? Für den gläubigen Christen ist auch das letzte, ausweglose Leiden ein Kreuz, das er aufzunehmen hat. Papst Johannes Paul II. hat diese Haltung beeindruckend vorgelebt. Für Nichtgläubige (aber auch für viele Christen) kann diese Qual jedoch Erniedrigung sein - selbst bei der besten und liebevollsten Betreuung, die man beim Zustand vieler Heime und Kliniken leider nicht voraussetzen kann. Für diese Menschen ist diese Qual eine Verletzung ihrer Würde, die durch das Verbot der Sterbehilfe noch verstärkt wird. In der Schweiz, den Niederlanden, dem US-Bundesstaat Oregon ist Sterbehilfe erlaubt. Sie ist an scharfe Regeln gebunden, die sicherstellen sollen, dass ein Mensch, der unheilbar krank ist und von Ärzten, Psychologen und Sozialarbeitern beraten worden ist, ohne Druck die Entscheidung fällen kann. Widerspricht es dem Grundgesetz, diese Freiheit zu geben? Es wäre schade, wenn der um (und von) Dignitas veranstaltete Rummel zu neuen Denk- und Handlungsverboten führen würde. Schließlich geht es hier nicht darum, die eigene Moralität unter Beweis zu stellen, sondern verzweifelten Menschen zu helfen, die in eine Lage geraten sind, die jedem von uns bevorstehen kann.

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